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Old 24-01-2009, 22:59   #14
Nebelwölfe
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Vor drei Jahren habe ich im Sommer für drei oder vier Wochen ein Praktikum in einer Hundepension mit Grossgruppenhaltung (bis 50 Hunde) gemacht - und hatte Chester auch dabei. Er befand sich täglich in der sich laufend ändernden Hundegruppe von 30-40 Hunden. In der ganzen Zeit, in der ich dort war, konnte ich nicht feststellen, dass er dort mit anderen Hunden anderer Rassen (und derer gab es auch einige verschiedene) mehr oder weniger Verständigungsprobleme hatte (oder umgekehrt), als die anderen Hunde untereinander auch. Auf der anderen Seite konnte ich feststellen, dass Hunde genauso persönliche Sympathien und Antipathien haben, wie wir auch - was dementsprechend auch das Verhalten bestimmt.
Der grosse Vorteil an diesem Praktikum war, dass ich alle Hunde in einer Gruppe beobachten konnte - und damit den direkten Vergleich untereinander hatte.

Was ich festgestellt habe, ist, dass Kommunikation und Verhalten auf verschiedene Faktoren basieren:

1. Logischerweise die körperlichen Gegebenheiten. Schwierig oder gar nicht zu erkennen ist z.B. ein Nasenrückenrunzeln bei einem Shar Pei oder einem Pekinesen, ein Augenbrauen hochziehen bei einem ganz schwarzen oder ganz weissen Hund, ein Lefzen heben bei einer Bordeaux Dogge, ein "Ohrenspitzen" bei einem Schlappohr, eine Rute in Imponierstellung bei einem Ringelschwanz... Der Wolfshund hat durch seinen normalen und gesunden Körperbau und seine optimale Gesichtsfärbung (wie die des Wolfes) auch die optimale Ausgangslage, dass seine Mimik und Körpersprache so offensichtlich ist, dass sogar wir Menschen diese - eigentlich - ohne Probleme erkennen können. Aber - nur weil sie bei manchen Rassen evtl. nicht oder nur schwer erkennbar sind - heisst es noch lange nicht, dass sie nicht da sind!!!

2. Erlernen der "Hundesprache". Auch Hunde müssen ihre Sprache erlernen. Ein isoliert aufgewachsener Hund z.B. wird mit Sicherheit massive Probleme haben, Körpersprache und Verhalten von anderen Hunden zu verstehen und selber gezielt zu kommunizieren.

3. Die Erfahrung. Hunde, die in der Welpen/Junghundezeit viele andere Hunderassen getroffen haben, konnten eben diese Unterschiede lesen und verstehen lernen. Sie konnten lernen, dass es Hunde gibt, die Ringel- oder dauernd aufgestellte Schwänze haben, dass das Gesicht eines drohenden schwarzen Hundes mit Schlappohren anders aussieht als das eines Hundes mit Maske und Spitzohren, dass es Hunde gibt, die ständig den Nasenrücken runzeln, dass es Hunde gibt, die stänig starren, usw usw. Hunde, die diese Erfahrung nicht gemacht haben - haben logischerweise die grösseren Kommunikationsprobleme.

4. Training. Siehe Punkt 1 von Beowulfs Ausführungen. TWHs, die gelernt haben, dass sie am Menschen nicht hochspringen und Mundwinkel lecken dürfen, werden dieses Verhalten auch nicht zeigen. Mein spanischer Winzling ist Weltmeister im Hochspringen und Nasswäsche durchführen.

5. Die Nuancen. Bei gleichem Verhalten kann es dennoch rassespezifische Unterschiede geben. Schäferhunde, z.B. spielen anders als Jack Russel, die spielen wieder anders als Möpse, die wieder anders als Border-Collies, usw. usw. Auch diese Erfahrung will erst gemacht sein, um es verstehen zu können. Auch da gibt es Sypmpathien und Antipathien. Es gibt Hunde, die können die Spielart von anderen überhaupt nicht ab...
Dass sich "Gleich und Gleich" gerne gesellt und Hunde Rassisten sind - das dürfte eine alte Binsenweisheit sein - und nicht nur für die TWH gelten. Genauso wie TWHs sich am liebsten mit ihresgleichen (oder ähnlichen Rassen) abgeben, geben sich Doggen, Retriever, Pinscher am liebsten mit ihresgleichen ab.

6. Individuelle Unterschiede. Jeder Hund hat seine Eigenheiten, die sich in unterschiedlicher Körpersprache und Verhalten ausdrücken, auch innerhalb der gleichen Rasse. Beispiel: Wenn ein Hund mit einem anderen Hund nichts zu tun haben will, kann er ihn anknurren, ihm drohen, ihn ankeifen, ignorieren oder weglaufen. Gleiche Situation, unterschiedliches Verhalten.

Und manchmal - denke ich - interpretieren wir Menschen auch ganz einfach unsere Hunde (egal ob eigen oder fremd) falsch, weil wir vielleicht etwas annehmen, was gar nicht so ist oder etwas nicht sehen, was eigentlich da ist.
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