View Single Post
Old 18-04-2006, 19:45   #125
Nebelwölfe
Member
 
Nebelwölfe's Avatar
 
Join Date: Aug 2004
Location: am Hochrhein
Posts: 771
Send a message via ICQ to Nebelwölfe Send a message via Skype™ to Nebelwölfe
Default

Interessant wäre noch zu wissen, wer diesen Artikel "auf dem neuesten Stand des Wissens" geschrieben hat… Mir fiel auf, dass es bereits bei der Terminologie zu beginn des Beitrags klemmt, so ist kynologisch eindeutig klar, dass Hunde eben nicht geprägt werden – sondern sozialisiert. Ausserdem widerspricht er sich in seiner Erklärung selber…

Prägung ist eine Lernform, die ohne Belohnung und Bestrafung, nur in einer gewissen sensiblen Phase stattfindet. Prägung ist weder nachholbar noch reversibel (änderbar) und für die ganze Lebenszeit gültig. Würden Hunde in der Welpenzeit geprägt, könnten sie in unserer Gesellschaft kaum leben. So wäre später z.b. keine Verhaltensänderungen mehr möglich, Besitzerwechsel ausgeschlossen, andere Lebensumstände ausgeschlossen.
Bestes – und bekanntestes - Beispiel für Prägung ist Konrad Lorenz und seine Gänse, die ihn ihr Leben lang als Elterntier betrachtet haben.

Sozialisation ist die "soziale Ausformung eines heranwachsenden Individuums in seinen Interaktionen mit Artgenossen. Diese Ausformung ist Voraussetzung für die spätere soziale Handlungsfähigkeit eines Tieres, so für die Aufnahme von Beziehungen, das Eingehen von Bindungen, die Eingliederung in soziale Gruppen oder die Übernahme von Rollen." (Feddersen-Petersen). Sozialisierung findet grundsätzlich ein Leben lang statt, wobei nur während der sogenannten "Sozialisierungsphasen" bestimmte soziale Fähigkeiten erworben werden. Defizite in dieser Zeit können prägungsähnlich sein, da sie später nur schwer wieder auszugleichen sind.

Die Verhaltensforschung beschreibt Dominanz als "Verhaltensweise". Ethologen und Wolfsforscher, wie z.B. Günther Bloch und Dorit Fedderson-Peterson sind sich einig, dass Dominanz keine Eigenschaft von Individuen ist. Günther Bloch sagt: "Nach der Verhaltensforschung ist Dominanz keine Eigenschaft von Individuen, sondern von Beziehungen. Somit ist sie eine zeit- und situationsbedingte Handlung in einer Zweierbeziehung". Dorit Fedderson-Petersen sagt: "Dominanz ist eine Eigenschaft von Beziehungen und nicht von Individuen, ein Fakt, der immer wieder fehlinterpretiert wird. Dominanz bedeutet, dass in einer Zweierbeziehung A regelmässig die Freiheit von B einschränkt bzw. sich selber ein hohes Mass an Freiheit zugesteht, ohne dass B effektiv etwas dagegen tut, sondern B akzeptiert seine Einschränkungen. … Tatsächlich ist Dominanz wesentlich vom Verhalten von B abhängig, da dessen Reaktion die Effektivität der Verhaltensweisen von A bestimmt. Dominanz ist aber andererseits die von B akzeptierte Verhaltensfreiheit von A, z.B. die Freiheit, B’s Individualdistanz zu missachten."

- Dafür würde eigentlich das "ganz normale" Verhalten unserer Hunde sprechen. Denn ansonsten müsste ein "dominanter" Hund von klein auf gegen jeden anderen Hund dominant (und damit jedem anderen Hund überlegen) sein – egal ob er diesen kennt oder nicht. Normalerweise ist es aber doch so, dass sich ein Hund gegen manche Hunde eher dominant verhält und sie dominieren will – was aber bedingt, dass sich der andere auch dominieren lässt… Und was passiert, wenn sich ein anderer Hund nicht dominieren lässt – wer ist dann dominant???
Auf der anderen Seite lassen sich auch "dominante" Hunde von anderen Hunden unterwerfen, die sich ihm gegenüber "dominant" verhalten. Und wenn Dominanz angeboren ist – wie kann es dann kommen, dass auch subdominante Hunde über andere Hunde dominieren können, wenn sie doch keine angeborene Dominanz besitzen??

- Dafür spricht, dass Wolfsforscher sich einig gehen, dass sich eine Rangordnung im Rudel durch Interaktionen untereinander entwickelt. Wäre Dominanz vererbt, so müsste von Geburt an bereits eine Rangordung unter den Welpen bestehen…

- Am meisten dafür spricht aber, dass bei freilebenden Wölfen die geschlechtsreifen Wölfe – wie auch die Prügelknaben (=Omega), die ja alle rangniedriger (und damit subdominant) sind, abwandern und selber neue Rudel gründen. Als Elterntiere sind sie aber plötzlich die dominantesten Wölfe im Rudel. Woher kommt diese plötzliche Dominanz??

Petra

PS: Sorry an alle, die keine langen Beiträge mögen...
Nebelwölfe jest offline   Reply With Quote